Dienstag, 18. August 2020
Glaubt nur der Deutsche an ein System?

Vorrede

Ausgehend vom Kommentar...

Hier eine fulminante Analyse des Regierungsstils der Kanzlerin, die im Ja-Sager-Milieu der totalitären DDR aufwuchs und geprägt wurde und notwendigerweise nur eine unterentwickelte Sympathie für demokratische Vorgänge hegt. Ich schätze, dass erst nach ihrem Weggang die erschreckende programmatische Leere der CDU offenbar wird, ich erwarte sowas wie einen Stolleneinbruch mit einem beträchtlichen Krater, besonders was die Zuwendung des Wählers angeht

zum Artikel Angela, das Volk ist da

... und dem anschließenden Kommentar:

Nur mit der Analyse der Westdeutschen hapert es. Solange die Kohle weiter fließt und die Fassade aufrecht erhalten bleibt, wird der Westdeutsche das merkelsche Maulwurfsystem nicht hinterfragen. Deshalb bleibt alles beim Alten, bis zum totalen Kollaps.

Der Text

"Uns geht's doch gut." +++ "Er/sie (Kanzler) macht das doch ganz gut." höre ich seit über 30 Jahren in Westdeutschland. Vielleicht hat jemand einmal ein Psychogramm der Westdeutschen seit 1945 erstellt? Teilweise sehr gebildet und mit Argumenten aber insgesamt doch eher unpolitisch, versehen mit einem Gottvertrauen, dass die "da oben", also die Aliierten und die deutschen Verwalter, schon wissen was sie tun und das Richtige und das richtig machen.

Aber: Die Kritik etwa Heines und Schopenhauers an den Deutschen, das war schon vor 1945, vor 1933 oder 1871...

Was ist es also, was machte die Deutschen so autoritätsvertrauend?

Das Völkchen denkt gerne tief und etwas aus, aber nur in festen und von Autoritäten und Bürokraten klar vorgegebenen Rahmen. Wer auch nur gering aus der Reihe tanzt, wird gemaßregelt und dann aus der Gemeinschaft ausgeschieden.

In kleineren Gruppen im Ausland gefordert (Südamerika 19. Jh. z.B.) waren Deutsche oft sehr geschätzt für ihre Tüchtigkeit, Planung und Durchführung. Zuhause im Gleichschritt Marsch? Mir drängt sich immer der Gedanke auf, dass Berlin Deutschland in etwas peitscht, das es nicht will und das es nicht sein soll. Vielleicht der Wiener Kongress als Ursprung? Wie nach dem ersten und zweiten Weltkrieg wurde Deutschland in einer Art Schwebezustand gehalten und nie richtig erwachsen.

Schiller und Co. konnten noch in einem der 100 anderen Deutschlande um Asyl suchen.

Oder das sind alles nur Verschwerungstheorien und es sind halt doch einfach nur die Gene ;-)

The German Genius


Tucholsky: "Nie geraten die Deutschen so außer sich, wie wenn sie zu sich kommen wollen."

Konfession - die Bekenntnis

Früher gingen die politischen Risse entlang der Konfessionslinien. Heiraten oder bessere Arbeit bekommen konnte z.B. nur wer ernsthaft glaubt, dass nur und ausschließlich entweder Rom oder Hus (respektive Luther) richtig interpretiert, was die vier sich einander widersprechenden Evangelisten über einen Mann berichteten, wie er Gott und die Welt und seine Rolle in ihr sieht.

Arbeitsthese: Vieles davon ist bis heute lebendig.

Kardinal Duka segnet Mariensäule in Prag

Und wenn die Leute schon glauben (aber auf verscheidene Weise!), dass eine Oblate lebendig wird, wenn man einen Spruch auf Latein darauf murmelt (oder sich jemand inkorporiert, der schon tot war, und dann wieder lebendig, und dann...), dann glauben sie auch an die neuen Götter von 1789 Nationalismus, Gerechtigkeit und Gleichheit. Oder an Marx, Greta, die Tagesschau oder Gender oder den Islam, es ist völlig egal, sie glauben alles.

Oder sie tun nur so. Der Konsens in Deutschland: man glaubt nach dem Abi an das System und dass es gut ist. Dafür bewegt man sich in geregelten Bahnen und wird mit angenehmen gut bezahlten Posten belohnt. Dieser gesellschaftliche Druck macht die meisten hörig und wenige radikal.

Nun ist das überall in Europa ähnlich. Nur: die Italiener haben Kultur und Familie, die Franzosen die niemals endende Revolte und die Engländer pubs, schlechtes Wetter, die Sachsen-Coburg und Gothas und ein imaginiertes oder reales Weltreich (zu verwalten). Aber was haben die Deutschen außer ihrer Borniertheit, wenn sie nicht einmal mehr Autos lieben wollen?

Fazit

Der Mensch will seine elementaren Bedürfnisse befriedigen, braucht dafür Gummipunkte und spielt brav mit.

Der Mensch ist zudem ein Herdentier und mag nicht ausgeschlossen werden. Und die Mitmenschen und Institutionen ertragen nicht viel Widerrede, und in Deutschland noch weniger. Und so wird man nach und nach ausgeschlossen, wenn man nicht in dem vorgegebenen Rahmen mitspielt und z.B. den Studiengang, die Firmenstrategie oder jemandes religiöse oder politische Meinung zu sehr kritisiert, den Leuten damit zu sehr auf den Schlips steigt. Menschen werden virtuell und reell "entfreundet" und Andersdenkende kategorisch abgelehnt.

Also spielen die meisten brav mit und halten den Mund.

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